Den Himmel mit anderen Augen sehen

Radiowellen waren die erste unsichtbare Strahlungsart, die zur systematischen Himmelsbeobachtung verwendet wurde. Radioteleskope könnte man als unsere „Superaugen“ bezeichnen. Sie zeigen uns eine unsichtbare Welt, ein unsichtbares Universum.

Das Wesentliche dabei ist folgendes: Man bekommt nach der Aufbereitung der Messwerte ganz andere Informationen über die Himmelsobjekte, die man z.B. über das Licht gar nicht hätte bekommen können. Und – was noch aufregender ist – da Radiostrahlung die kosmischen Staubwolken durchdringen kann, kann man z.B. auch Objekte nachweisen und vermessen, die bei Beobachtung im sichtbaren Licht hinter Staubwolken verborgen sind. Auch kann man mit einem Radioteleskop Objekte „sehen„, die überhaupt gar kein Licht aussenden, z.B. die großen unionisierten Wasserstoffwolken des interstellaren Gases (HI-Wolken), die im Wesentlichen aus extrem dünn verteiltem, kalten atomaren Wasserstoff bestehen. Dieser Wasserstoff sendet nur Radiostrahlung aus, aber kein Licht.

Über eine genaue radioastronomische Analyse der Lage und der Bewegungen der galaktischen Wasserstoffwolken konnte bereits in den 50er-Jahren schon bewiesen werden, dass unsere Milchstraße ein Spiralnebel ist.

Im Radiobereich „sieht“ man also den kalten, nicht leuchtenden Wasserstoff, der zwischen den Sternen den interstellaren Raum ausfüllt, der sonst unsichtbar ist. Optische Teleskope hingegen zeigen vorwiegend die Lichtstrahlung von heißen Gasen, also Licht direkt von den Oberflächen der Sterne, ferner von Gas- und Staubwolken, die von sehr heißen Sternen in ihrer Nähe beleuchtet oder ionisiert werden.

Ein weiterer wesentlicher Unterschied ist noch, dass die gewohnten, visuell erkennbaren Sterne im Radioteleskop unsichtbar sind (mit Ausnahme der Sonne und Supernova-Überresten). Ein Radioteleskop „sieht“ aber dennoch eine große Zahl von Punktquellen, die aber mit den für unsere Auge sichtbaren Sternen nichts zu tun haben. Man nannte sie in der Anfangszeit auch „Radiosterne„, ohne zu wissen, was sie eigentlich sind.

Wie wir heute wissen, sieht man hier die Radiostrahlung von aktiven Galaxienkernen und Quasaren, also von supermassereichen schwarzen Löchern, die mit Abstand massereichsten Einzelobjekte des Universums sind [23]. Ihre Energierzeugung funktioniert ganz und gar anders als bei Sternen. Bei Sternen erfolgen energieliefernde Fusionsprozesse nur ganz tief im innersten Kernbereich bei sehr hohem Druck und Temperaturen von vielen Millionen Grad. Aktive Galaxienkerne sind eher vergleichbar mit einer gigantischen Röntgenröhre. Statt einem Elektronenstrahl stürzen dort große Materiemengen auf eine extrem heiße rotierende Scheibe, die das schwarze Loch ganz eng umschließt (die sog. Akkretionsscheibe). Durch den Aufprall der von außen hereinfallenden Materie und extremen Reibungsprozessen innerhalb der Scheibe entstehen dabei ungeheure Energiemengen in Form von elektromagnetischer Strahlung auf allen Wellenlängen. Durch die Reibung verlangsamt sich jedoch die Rotation der Scheibe fortlaufend und ihre Bestandteile kommen dadurch unaufhaltsam immer enger an das zentrale schwarze Loch, bis sie darin verschwinden.

Nicht zu vergessen ist noch die kosmische Hintergrundstrahlung, auch 3°K-Strahlung bezeichnet, die ebenfalls im Radiobereich zu finden ist. Bildlich gesprochen stellt sie den „Nachhall des Urknalls“ dar. Sie gilt deswegen auch als einer der Beweise für die Urknalltheorie.

Himmelsbeobachtung mit Radiowellen – hierum machen die meisten Amateur­astrono­men einen großen Bogen

Obwohl die professionelle Astronomie und Astrophysik und hier insbesondere die Radioastronomie derzeit eine Glanzzeit erleben, gibt es nur wenige Amateurastronomen, die sich der Radioastronomie verschreiben. Dabei kann man damit in eine völlig neue Welt eintauchen und den Himmel sozusagen „mit anderen Augen“ sehen. Aber hierhin „verirrt“ sich eher mal ein Funkamateur als ein Amateurastronom. Über 99% der Amateurastromen haben kein Radioteleskop.

Warum ist das so ?

Jeder, der sich mal dafür interessiert merkt sofort, dass man durch ein Radioteleskop gar nicht hindurchschauen kann. Schon allein deshalb wirkt Radioastronomie etwas abstrakt, weil man Radiowellen einfach nicht direkt sehen kann. Es fehlt sozusagen die Romantik des direkten Blicks in das kosmische Geschehen.

Radiostrahlung ist zwar das gleiche wie sichtbares Licht oder Infrarotlicht, nämlich eine elektro­mag­netische Welle, aber sie hat sehr viel längere Wellen, die unsere Sinnesorgane nicht reizen können. Infrarotlicht oder Wärmestrahlung können wir zwar auch nicht sehen, aber auf der Haut spüren, sofern sie stark genug ist, wie z.B. an einem Lagerfeuer oder bei einem Sonnenbad.

Radiowellen haben noch längere Wellen als Infrarotstrahlung und sind nicht sichtbar und im Gegensatz zur Infrarotstrahlung auch nicht mehr spürbar. Deshalb ist man beim eigentlichen „Beobachten“ mit Radiowellen rein auf empfind­liche Nachweisgeräte angewiesen. Außer vielleicht einen Zeiger­aus­schlag auf einem Messinstrument oder eine zittrige Kurve auf einem Monitor sieht man erstmal nichts. Es müssen die erhaltenen Messwerte irgendwie in eine für unsere Wahrnehmungsorgane ansprechende Form umgewandelt werden. Die für unser Gehirn am besten geeigneten Darstellungsformen sind Bilder und als „Transformator“ eignet sich nichts besser als ein PC.

Wenn man will, kann man auch etwas hören, bei kosmischen Radioquellen ist es in den allermeisten Fällen nur ein gleichmäßiges Rauschen oder Zischen ohne erkennbare Variationen, wie bei einem alten UKW-Radioapparat bei dem man den eingestellten Sender etwas herausgedreht hat. Nur die Stärke des Rauschens variiert von Objekt zu Objekt.

Und wie bekommt man da Bilder ?

Nun, so direkt, einfach und schnell wie im optischen Fall geht das erstmal nicht. Hochaufgelöste Bilder, wie mit einem lichtopti­schen Fernrohr, bekommt man schon gleich gar keine – das enttäuscht viele – auch scheuen viele das Löten. Auch ist eine Radioantenne bildtechnisch gesehen im Grunde ja nur eine 1-Pixel-Kame­ra, d.h. schon für einfache Bilder muss man die Himmelsobjekte schritt­weise abrastern, das ist aufwän­dig und langwierig. Aber anders geht’s nicht, wenn man nur eine Einzelantenne hat. An einem optischen Fernrohr wäre das vergleichbar mit einer Helligkeitsmessung über eine Fotozelle.

Robotisches Radioteleskop

Mithilfe eines PCs lässt sich ein einfacher Radiospiegel zu einem stundenlang autonom arbeitenden „robotischen“ Radioteleskop aufpolieren, weil man alle Arbeitsvorgänge zur Bildgewinnung automatisieren kann. Das Scanverfahren kann man sich leicht machen, indem man den Spiegel nur mit einem einzigen Motor in Elevationsrichtung auf der Meridianlinie auf- und abfährt, wobei bei jedem Rasterpunkt ca. 30 sec verharrt wird, um die Radiostrahlung aufzusammeln. Die Bewegung quer dazu (in Rektaszension) besorgt die Erdrehung sehr präzise und vorallem auch automatisch. Wenn man damit mehrere tausend Messwerte aufge­zeichnet hat, kann man sich z.B. im Nach­hinein, wieder mit dem PC, eine Farbkarte der Radiointensität darstellen lassen. Dazu setzt man einfach die Messwerte der einzelnen Meridianscans als Bildspalten nebeneinander. Eine leichte Verzerrung des Bildes wegen der Erddrehung während eines Scans lässt sich im PC im Nachhinein leicht korrigieren.

Farbkarte des nördlichen Milchstraßenbogens aufgenommen bei der 21 cm-Linie des atomaren Wasserstoffs mit meinem robotisch arbeitenden 2,65m-Spiegel (Bandbreite: 10 MHz). Sterne und Sternbilder dienen der Orientierung und sind künst­lich eingeblendet, die Zielkreuze markieren bekannte Radioquellen. Das grüne Zielkreuz rechts oben zeigt den „Beam“, das ist die Größe des Bereichs, aus dem die Strahlung für einen Messpunkt stammt. Um die Helligkeitsunterschiede deutlicher zu machen, wurde eine Pseudofarben-Darstellung gewählt. Das bedeutet, dass unterschiedliche Helligkeiten als unterschiedliche Farben dargestellt werden. Die Zuordnung zu den echten Helligkeitswerten findet man mit dem Farbbalken auf der rechten Seite. Die grobe Rasterung des Bildes ist hier durch eine zweidimensionale Interpolation schon geglättet worden.

Und Spektren ?

Radio­spektren bekommt man viel leichter als Radio­bilder. Mit einem SDR-Empfänger (Software Defined Radio) und einer Freeware aus dem Internet (s.u.) bekommt man automatisch immer ein ständig sich erneuerndes hochauf­gelöstes Spektrum – das ist schon bestechend.

Radiospektrum des Wasserstoffs bei 1420 MHz im Bereich des Sternbilds Schwan,  aufgenommen mit meinem 2,65m-Spiegel und einem SDR-Empfänger Modell „Airspy“. Die dazu gehörige Software nennt sich „Astrospy“ und ist im Freewarepaket „sdrsharp“ enthalten. Man sieht hier die 21 cm-Wasserstofflinie gleich dreimal. Die Strahlung stammt hierbei aus drei verschiedenen Raumbereichen bzw. aus drei Milchstraßenarmen, die von uns aus gesehen hintereinander stehen. Diese haben aber aufgrund der Bewegungsdynamik der Milchstraße als Spiralnebel verschiedene Geschwindigkeiten relativ zu uns und aufgrund des Dopplereffekts kann man sie dann im Spektrum getrennt sehen.
Trotz dass wir Radiowellen ständig benutzen,
kennt sich kaum einer richtig damit aus

Jeder benutzt Radiowellen mit dem Handy, bei WLAN oder Bluetooth, bei Walky-Talkies, bei der Zentral­ver­riegelung am Auto oder bei Funkfernsteuerungen im Mo­dell­­bau bis hin zum Mikrowellenbackofen und natür­lich nicht zuletzt bei Rundfunk und Fernsehen.

Dahinter verbirgt sich aber schon ein ernstes Problem in der Radio­astro­nomie, dass die schwachen Radiowellen aus dem Kos­mos manchmal sehr massiv und heutzutage immer öfter durch Streu­wellen aus irdischen, menschen­ge­machten Quellen überlagert und gestört werden können. Die Frage stellt sich dann, wie man kosmische Radio­quellen dann überhaupt von irdischen unterscheiden kann oder wie man die Wirkungen von irdischen Störquellen möglichst weitgehend abtrennen oder ausblenden kann.

Radiowellen erlauben uns den „großen Durchblick“

Wegen der mengenmäßigen Dominanz des Wasserstoffs im Weltall ist er auch für die Amateur-Radioastronomie mit seiner 21 cm-Radiostrahlung die ergiebigste Informationsquelle. Sie erlaubt uns sogar eine dreidimensionale Durchforstung unserer Milchstraße auch schon mit einem kleinen Radioteleskop.

Das „geniale“ an dieser Strahlung ist, dass sie eine Linienstrahlung ist, also eine Strahlung bei einer ganz scharf definierten Frequenz ( 1420,4 Megahertz ). Aufgrund des Doppler-Effekts können deshalb sehr genaue Geschwindigkeiten aus der Frequenzverschiebung der verschiedenen Wasserstoffwolken in der Milchstraße ermittelt werden. Das ist aber noch nicht alles.

Weil Radio­wel­len von den galaktischen Staubwolken nicht aufge­halten werden, wie das Licht, können Himmelsobjekte auch durch interstellare Staubwolken hindurch auf­ge­spürt und gut ver­messen werden. Ein wichtiges Beispiel dafür ist das Zentrum der Milchstraße, wo ein super­mas­sives schwar­zes Loch mit 4,1 Mio. Sonnenmassen sitzt.

Die Milchstraße – ein Spiralnebel

Da die Milchstraße ein dynamisches Gebilde ist, insbesondere weil in verschiedenen Abständen zum Milchstraßenzentrum auch verschiedene Umlaufgeschwindigkeiten herrschen, lassen sich auch verschiedene, aber hintereinanderliegende und sich deswegen von uns aus gesehen überschneidende Wasserstoffwolken über den Doppler-Effekt frequenzmäßig getrennt registrieren und unterscheiden. Es ist also nicht wie in einem Röntgenbild bei dem sich verschiedene Knochenschatten überschneiden können und dadurch die Übersicht erschwert wird.

Desweiteren lässt sich dann über ein entsprechendes Modell der galaktischen Rotation auch eine Tiefenlokalisation der Wasserstoffwolken vornehmen. Dabei kommen sehr viele der für uns optisch unsichtbaren Wasserstoffwolken zum Vorschein, die hinter den galaktischen Staubwolken verborgen sind. Dazu ist allerdings eine Vielzahl von Messungen nötig und es ist eine richtige Fleißaufgabe, diese in Richtung eines 3D-Modells der Milchstraße auszuwerten [13]. Darauf beruht aber einer der größten Trium­phe der Radio­as­tro­no­mie in den 50er-Jahren. Es gelang auf diesem Weg zu beweisen, dass die Milchstraße ein Spiral­nebel ist !

Hinweise auf große Mengen „dunkle Materie“

Bei sorgfältiger Durchmusterung des ganzen Himmels lässt sich auch umgekehrt das Bewegungsmodell der ganzen Milchstraße überprüfen. Dabei kommt man dann auch auf die abenteuerlich anmutende Hypothese der „dunklen Materie“. Da sich die Spiralarme besonders in den äußeren Teilen unerwartet schnell um das Milchstraßenzentrum drehen, versteht man erstmal nicht, warum die Milchstraße nicht auseinanderfliegt. Zur Erklärung braucht man zusätzlich zur sichtbaren Materie etwa fünfmal so viel dunkle Materie, also Materie die auch im Radiobereich „unsichtbar“ ist, um genügend Gravitation zu haben, dass die Milchstraße zusammengehalten wird und eben nicht auseinanderfliegt.

Das Phänomen der zu schnellen Rotation tritt auch bei allen anderen Galaxien auf, nur kann man hier die Rotation auch lichtoptisch messen, weil man ja von außen mehr oder minder schräg auf die anderen Galaxien draufschauen kann und deren Spiralarme in den allermeisten Fällen nicht hinter Staubwolken verborgen sind. Auch gelingt es mit Radioteleskopen die Spiralarme noch wesentlich weiter nach außen zu verfolgen, als es optisch möglich ist.

Wie sieht eigentlich der Sternhimmel im Radiobereich aus ?

Hier ist so manches „auf den Kopf gestellt“

Den gewohnten Sternenhimmel sieht man im Radiobereich nämlich überhaupt nicht ! Als einziger Stern ist nur mal die Sonne zu sehen, weil sie einfach ca. 250 000 mal näher steht als jeder andere Stern. Auch der Mond macht mit einer kleinen SatTV-Schüssel noch ein deutliches Signal.

Das dominierendste „Objekt“ nach der Sonne ist lustigerweise der Erdboden. Auch Häuser, Bäume und Personen strahlen bei Tag und bei Nacht heller als der Himmel oder der Mond. Das heißt, irdische Objekte müssen gut abgeschirmt werden bzw. dürfen nicht im Strahlengang stehen, wenn man schwächere kosmische Signale nachweisen will.

Was trotzdem immer noch „im Wege steht“, ist die Erdatmosphäre. Sie lässt sich nicht beseitigen. Sie „glüht“ im Radiobereich und macht zum Horizont hin durch eine immer stärkere Hintergrundstrahlung bemerkbar, weil zum Horizont hin der Weg der Strahlung durch die Atmosphäre immer länger wird. Dieses Phänomen stört besonders bei kleinen Antennen, weil diese eine sehr breite „Empfangskeule“ haben und damit leider viel atmosphärische Hinter-grundstrahlung auffangen und schwache Punktquellen darin „absaufen“.

Wasserdampf in der Atmosphäre macht bei höheren Frequenzen (ab ca. 1 Gigahertz) zunehmend Probleme und ab etwa 20 GHz muss man deshalb in die trockendsten Wüsten und Höhen über 5000m ausweichen (z.B. ALMA-Observatorium in Chile). Irdische Wolken machen deshalb nochmal einen zusätzlichen, variablen Untergrund (abhängig von der Dicke der Wolken und der Beobachtungs­frequenz)

Die Wasserstoffwolken in den Spiralarmen der Milch­straße können leicht nachgewiesen wer­den, sogar schon mit kleinen SatTV-Schüsseln. Allerdings braucht man dazu einen modifizierten Empfangskopf oder LNB (z.B. den unten beschrie­benen Dosenfeed), der auf die Wasser­stoff­frequenz (ca. 1420 MHz) abgstimmt ist. Damit gelingt es bereits, wie schon erwähnt auch durch die galaktischen Staubwolken hindurch, oft mehrere hintereinander stehende Spiralarme gleich­zeitig zu „sehen„.

Was man noch gut nachweisen kann, ist „Synchrotronstrahlung“. Sie hat ganz andere Ursachen als die o.g. 21 cm-Wasserstoffstrahlung, die ja von Atomen ausgesandt wird. Synchrotronstrahlung entsteht, wenn sich freie geladene Teilchen entlang von Magnetfeldlinien auf schraubenlinienförmigen Spiralbahnen bewegen. Die kontinuierliche Strahlung der Milchstraße ist dafür ein Beispiel. Auch der hellste Quasar, genannt „Cygnus A“ und Supernova-Überreste, wie „Taurus A“ zeigen sich im Radiobereich hauptsächlich Synchrotronstrahlung und sind auch mit kleineren Radioteleskopen noch gut nachweisbar.

Cygnus A ist ein aktives supermassives schwarzes Loch in einem Galaxienkern in 750 Mio. Lichtjahren Entfernung. Taurus A ist der Crabnebel M1, aber nicht der Crab-Pulsar, dieser ist im Radiobereich sehr viel schwächer als der Nebel. Interessant ist auch die Radioquelle „Cassiopeia A“. Sie ist die hellste extrasolare Radioquelle und war bis vor kurzem der jüngste entdeckte Supernovaüberrest in der Milchstraße. Sie ist einer von etlichen Supernovaüberresten, die man zuerst im Radiobereich entdeckt hat, weil sie hinter galaktischen Staubwolken versteckt stehen und dadurch optisch unsichtbar sind. Selbst die Explosion von „Cassiopeia A“ im Jahre 1680 konnte optisch nicht erfasst werden. Dennoch kann man den Explosionsblitz heute noch lichtoptisch untersuchen, weil das Streulicht am umliegenden interstellaren Staub uns jetzt erst erreicht.

Auch Jupiter ist nicht gerade ein ruhiger Geselle, was Radiowellen betrifft.

Wie kann man da loslegen ?

Gewusst wie“ heißt die Devise  

Wenn man nicht gleich einen größeren 4- oder 5-stelligen Betrag ausgeben will (Radioteleskope sind keine Massenprodukte), kann man sein Glück nur im Selbstbau finden. Dazu muss man ein paar Grund­kenntnisse in Hochfrequenz-technik haben, um da mit wenig Geldeinsatz voranzukommen. Was gibt es da für Möglichkeiten ?

TV-Satellitenantennen

Das einfachste und billigste sind TV-Satellitenantennen (mit LNB ca. 30€) – damit lassen sich schon aufregende Experimente machen und das auch noch ohne Löten. Der Frequenzbereich liegt zwischen 10 und 12 Gigahertz. Sonne und Mond gehen sofort, selbst wenn man nur einen „Satfinder“ (für ca. 10€) als Empfänger nimmt. Der quietscht schon sehr kräftig wenn man gut gezielt hat und z.B. die Sonne endlich „drin hat“. Die Auflösung ist allerdings noch bescheiden. Trotz der hohen Frequenz (10-12 GHz) sind es nur 2,5° – also z.B. Sonnenflecken „sieht“ man damit noch nicht. Lustig ist, dass man damit die Sonne auch durch dichte Wolken hindurch oder gar bei Regen „sehen“ kann.

Beim Mond ist es schwieriger, er ist mehr als 10x schwächer als die Sonne, aber er kommt immer noch deutlich heraus. Auch den Super­nova-Überrest „Cassiopeia A“ kann man gerade noch nachweisen. Was man natürlich noch „sehen“ kann, sind die vielen TV-Satelliten auf dem Himmels­äquator, dafür sind die SatTV-Schüsseln ja schließlich gebaut. Man kann die Sonne allerdings dann auch leicht mit einem solchen Satelliten verwechseln, besonders wenn die Sonne gerade in der Nähe des Himmelsäquators steht. Hier gelingt die Unterscheidung z.B. nur mit einem Sat-Receiver. Der zeigt dann bei der Sonne trotz starkem Signal und optimaler Antennenausrichtung einfach kein einziges Fernsehprogramm.

“Knautschsack-Montierung“ mit SatTV-Spiegel, rechts oben ein Sat-Finder, darunter eine Stromeinspeiseweiche zur Stromversorgung, unten rechts der erwähnte SDR-Empfänger „Airspy“, dieser ist für erste einfache Versuche noch nicht nötig

Strahlen wir selber Radiowellen aus ?

Frappierend ist, was passiert, wenn man sich vor eine Sat-Schüssel stellt oder wenn man sie in Richtung Boden hält. Dabei geht das registrierte Signal auf Vollausschlag. – Heißt das, dass wir selber oder die Erde Radiowellen aus­strahlen ?? – Ja, es ist so !  So manche ängstliche Naturen werden das nicht glauben wollen, nach­dem auch schwache Radio­wellen in ihrer Sicht angeb­lich gefährlich sind. Dass alle Körper in Natur und Umwelt ohne menschliches Zutun Radio­wellen aus­strah­len, kommt von ihrer Eigenwärme. Radiowellen sind aber nur dann gefähr­lich, wenn die Intensitäten so hoch sind wie in einem Mikro­wellenherd (weit mehr als 1 Million mal höher als in der Natur). In allen Substanzen, die Wasser enthalten, kann bei solchen Intensitäten kräftig und schnell Wärme produziert werden.

Die winzige Menge an Radiostrahlung die man registiert, wenn man sich vor eine SatTV-Schüssel stellt, ist der lang­wellige Ausläufer der Wärmestrahlung, de­ren Haupt­teil bei noch wesentlich höheren Fre­quen­zen liegt.

Ein „Dosenfeed“eine Konservendose als Empfangskopf

Ein „Dosenfeed“ ist ein aus einer größeren Konservendose gebauter Wellenleiter mit innenliegender Monopolantenne – er leistet Erstaunliches. Er ist für Frequenzen im Bereich der 21 cm-Wasserstofflinie (1-2 GHz) sehr gut brauchbar. Da eine einlaufende Welle am Dosenboden reflektiert wird, überlagert sich diese reflek­tierte Welle mit der einfallenden Welle zur doppelten Wellenhöhe und wird damit verstärkt. Eine kleine Draht­antenne im Innern der Dose, so lang wie ein Viertel der Wellenlänge, fängt diese verstärkte Welle an der Stelle der stärksten Über­lagerung auf. Damit läßt sich schon die Radio­strahlung der interstellaren Wasser­stoffwolken in den Spiralarmen der Milchstraße nach­weisen, wenn man an die kleine Drahtantenne einen guten VLNA (= „very low noise amplifier“=rausch­armer Vorver­stärker) einbaut.

Testaufbau mit „Dosenfeed“ für die 21cm-Strahlung des Wasserstoffs (rechts: PC mit Abschirmgitter). Unter dem Dosenfeed ist ein Stellmotor zum automatischen Drehen der Antenne, wie er für SatTV-Spiegel üblich ist.
Vollbeweglicher SatTV-Spiegel mit 2 Motoren und Messkopf für die 21 cm-Linie. Hinter dem Laptop ist ein feines Abschirmgitter, wie man es zur Kellerschachtabdeckung in Baumärkten kaufen kann. Es verhindert, dass Störstrahlung aus dem eingeschalteten Laptop in den empfindlichen Empfangskopf („Dosenfeed“) gelangt.

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Messung der Wasserstoffstrahlung bei 21cm Wellenlänge mit einer einfachen Satellitenschüssel. Hier kann man bereits die Strahlung von drei verschiedenen Spiralarmen unserer Milchstraße erkennen.
SDR-Empfänger

Eine weitere geniale und zudem noch kostengünstige Kom­ponente ist ein sogenannter SDR-Empfänger (“Software Defined Radio“, ab 20€). Er lässt sich wie ein USB-Stick in den PC stecken und mit einer Freeware aus dem Netz (z.B. SDR#, HDSDR oder GNU-Radio) hört man schon was, also Analog- oder Digitalrundfunk. Vorallem sieht man gleich automatisch ein hoch­aufgelöstes Radiospektrum auf dem Computerdisplay.

Was da vor sich geht, kann man am besten mit dem Drehen am Abstimmknopf eines alten Radios verglei­chen, nur macht das die SDR-Software auto­matisch und dreht sozusagen ganz schnell hin und her. Damit erzeugt er ein ständig sich erneuern­des Radio­spektrum. Der PC wird damit fast ohne Kostenaufwand zu einem respek­tablen „Spektrum-Analysator“. Schaltet man eine empfindliche An­ten­ne davor, z.B. den o.g. Dosenfeed mit Vorverstärker, hat man schon ein „open source“-Radio­teleskop. Setzt man noch eine TVSat-Schüssel davor, bzw. ersetzt man den LNB der Sat-Schüssel durch den o.g. Dosen­feed mit VLNA, geht das ganze nochmal deutlich besser (s. auch meinen Artikel „Vom Garten in die Galaxis“ in der Zeitschrift Sterne und Weltraum, Heft 9, 2017).

SDR-Empfänger „Airspy“ mit USB-Schnittstelle zum Datenauslesen auf den PC

Parabolspiegel

Für sehr schwache Signale braucht man eine Antenne, die die fein verteilte Radiostrahlung sehr gut bündeln kann. Dies geht am besten mit einem Reflektor in Parabolform (sieht aus wie ein aufgespannter Regenschirm, nur nach oben gedreht). Eine SatTV-Schüssel ist genau so etwas. Insgesamt bekommt man beispielsweise mit einem 3-Meter-Parabolreflektor und der nachgeschalteten Elektronik (Vorverstärker und SDR) schon eine, man höre und staune, ca. 30-Millionen-fache Verstärkung !

Ein großer Vorteil dieser Antennenform mit Parabolreflektor ist, dass man bei Änderung der Empfangsfrequenz nicht die ganze Antenne umbauen muss, sondern lediglich den vergleichsweise kleinen Empfangskopf.

Ein Parabolspiegel hat aber noch einen anderen wichtigen Vorteil: Er schirmt die Radiostrahlung des Erdbodens weitgehend ab und trägt deshalb dazu bei, dass die schwachen kosmischen Radioquellen besser herauskommen und nicht so stark von Störstrahlung überdeckt werden.

Größere Parabolspiegel bis zu mehreren Metern Größe, also deutlich größer als Satellitenschüsseln, lassen sich nach dem „stressed ribs“-Prinzip aus einfachen Bau­marktteilen herstellen, z.B mit PVC-Kabelrohren als Rippen und Kellerschachtabdeckungen aus feinem Alu-Drahtgeflecht als Reflektorgitter. Die Rohre werden am einen Ende sternförmig eingespannt und am anderen Ende einfach nach oben gebogen. Dadurch entsteht auto­matisch eine Parabolform. Solche Billig-Riesen­spie­gel sollten aber wegen ihrer „Wackelpudding“-Eigen­schaft eher nur fest installiert werden. Jede Rippe wird dabei fest mit dem Boden verbunden und der Spiegel ist dann ständig senkrecht nach oben ausge­richtet, ähnlich dem bekannten 300m-Arecibo-Spiegel auf Puerto Rico.

Festmontierter Riesenspiegel aus einfachen Baumarktteilen mit 4 Meter Durchmesser. Der Messkopf schwebt über dem Spiegel und ist nach unten auf den Spiegel gerichtet. Er ist über einen Ausleger schwenkbar. Kleine Unebenheiten des Spiegels stören hier nicht, weil sie wesentlich kleiner als die Wellenlänge (21 cm) sind

Trotz der unbeweglichen Installation läßt sich ein solcher Spiegel auch außerhalb des Brenn­punkts (im sog. „off-axis“-Bereich) zum Abscannen des Himmels verwenden. Dazu braucht man nur den o.g. Dosenfeed nach unten gestülpt über dem Spiegel anbringen und in einer Ebene im Abstand des Brenn­punkts umher­schwenken. Damit lassen sich dann neben den Wasser­stoffwolken in der Milchstraße schon etliche schwache Radioquellen wie Supernova-Über­reste, aktive Gala­xien­kerne und Quasare nachweisen. Ab einer Größe von 6 Metern und stundenlangen Messzeiten müßten damit auch schon die ersten hellen Pulsare nachweisbar sein.

Die Milchstraße aufgenommen mit dem 4m-Spiegel, gebaut nach dem „stressed ribs“-Prinzip. Die 3 hellsten extrasolaren Radioquellen (Cyg A, Cas A und Tau A) sind deutlich erkennbar an ihrer roten bis dunkelroten Farbe. Etliche weitere, schwächere Radioquellen können noch identfiziert werden

Interferometrie

Wenn man sich weiter in das Thema hinein vertiefen will und geschickt ist, lassen sich mit zwei SatTV-Schüsseln auch ohne größere Kosten Interfero­met­rie-Messungen durchführen und z.B. mit 3 Schüs­seln schon große Aktivitätsgebiete auf der Sonne nachweisen. Zusätzlich zum zweiten bzw. dritten SatTV-Spiegel braucht man dazu noch einen Videograbber (mit USB-Anschluss).

Mit Interferometrie kann man die Auflösung der erhaltenen Bilder fast beliebig steigern. Die Daten­aufnahme und die Datenverarbeitung im Computer sind dann aber schon recht anspruchsvoll und umfangreich. Für Grundlagenexperimente zur Interferometrie mit einfachen SatTV-Spiegeln gibt es eine dazu passende freie Software vom Haystack Observatory [2].

 Interferometer mit 2 SatTV-Spiegeln   

Vervielfachung der Leistung durch mehrere Empfangsköpfe

Da ein normales Radioteleskop effektiv nur eine „1-Pixel-Kamera“ ist, braucht man für ein Rasterbild des Himmels etwa 1 Tag Messzeit. Man kann aber die Leistung eines Radioteleskops vervielfachen und sehr viel Messzeit einsparen, wenn man mehrere Empfangsköpfe verwendet. Es können damit simultan mehrere fast gleiche Bilder aufgenommen werden, die man dann hinterher „stacken“ kann, um so ein besseres Signal-zu-Rausch-Verhältnis zu erzielen. Stacken heißt hier, dass man die gegeneinander verschobenen Einzelbilder von den nebeneinanderliegenden Messköpfen möglichst deckungsgleich übereinanderschiebt (wie bei der Astrofotografie). Mit den 7 Messköpfen, lässt sich dann aus einem 2,6-Meter-Spiegel bei gleicher Messdauer die Leistung eines Spiegels von 7 Metern Durchmesser herausholen.

Erstaunlich ist aber, dass sich mit raffierten Bildverarbeitungsverfahren auch die Bildschärfe noch deutlich verbessern lässt, die ja bei kleinen Radioteleskopen von wenigen Metern Durchmesser nur sehr bescheiden ist. Das ganze geht dann immer noch mit einem einzigen kleinen Spiegel, also ohne Interferometrie. Dazu habe ich zunächst einige Simulationen gemacht, die zeigen, dass man hier mindestens um einen Faktor 5 besser werden kann, wenn man spezielle Überlagerungstechniken aus der Überwachungskamera-Bildverarbeitung verwendet [18,24], wo man auch mehrere fast gleiche Bilder zur Verfügung hat. In konkreten Fall des Milchstraßenbogens konnte ich damit bereits die Auflösung eines 12m-Spiegels erreichen. Auch Funkstörungen können damit unterdrückt werden, weil sie in jedem Teilbild an einer anderen Stelle liegen und durch den Mittelungsprozess dann heruntergedrückt werden [21, 22].

Mein 2,65-Meter-Spiegel mit sieben simultan arbeitenden Messköpfen. Damit lässt sich in etwa die Leistung eines 7-Meter-Spiegels herausholen und bei der Bildschärfe sogar die eines 12-Meter-Spiegels
Hochaufgelöstes Bild der Milchstraße aufgenommen mit dem 2,65-Meter-Spiegel und sieben Messköpfen. Die sieben simultan, aber seitlich versetzt aufgenommenen Rasterbilder des Milchstraßenbogens wurden hier mithilfe eines ausgefeilten Bildverarbeitungsverfahrens überlagert. Die Auflösung beträgt hier etwa 1° (statt 5,5° bei einem der Einzelbilder). Der verwendete „multi-frame superresolution“-Algorithmus stammt vom „Pattern Recognition Lab“ der Uni Erlangen [24]. Die gelbe Doppelquelle bei ca. 4h 20m Rektaszension ist NRAO 1650 und 1560. Die beiden Quellen haben einen Abstand von ca. 1,6° und sind klar ersichtlich getrennt abgebildet. Die Radiointensität ist farbkodiert, siehe Farbbalken am linken Rand.

(vorläufige Version)

Fakten in Kürze:

  • Radiostrahlung aus dem All ist 1933 bei der Ursachensuche für Funkstörungen (RFI, s.u.) von Karl Jansky bei den Bell Labs in den USA entdeckt worden. Das war hauptsächlich das sog. „Himmelsrauschen“, das aus der Milch­straße kommt. In der Fachastronomie hat man diese Entdeckung erstmal nicht wirklich konsequent zur Kenntnis genommen und eine Entwicklung dieser Beobachtungstechnik eigentlich bis zum Ende des zweiten Weltkrieges verschlafen.
  • So schön und groß eine Gitterspiegelantenne in Parabolform auch ist, sie ist trotzdem im Grunde erstmal nur eine 1-Pixel-Kamera.
  • hat man nur 1 Antenne, definiert das Airy-Scheib­chen die Auflösung (in der Funktechnik Empfangs­keule genannt, weil sie, als Polardiagramm dargestellt, wie ein Keule aussieht), d.h. man hat nur Auflösung von der Größe der Airy-Scheibe, man kann nur Rasterscans machen oder Spektren aufnehmen und es gibt erstmal keinen „Zoom“ (-> Tabelle)
  • bei mehreren Antennen kann man in das Airy-Scheibchen „reinzoomen“: Interferometrie ist genau der „Zoom“ – ist aber kompliziert.

Weitere Fakten und Details

Störquellen oder RFI („Radio Frequency Interference“)

Wie eingangs schon erwähnt ist es oft schwierig, unbeabsichtigte Streustrahlung von elektrischen Geräten in der Nähe von den echten Signalen aus dem Kosmos zu unterscheiden. Da muss man einige Tricks anwenden und einige Erfahrung sammeln, bis man sicher sein kann, dass man nicht die Streuwellen des gerade von einem Nachbarn verwendeten USB-Kabels auffängt oder gar die Streustrahlung des eigenen PCs… Aber gerade bei einer solchen Störungssuche lagen die Urspünge der Radioastronomie, als man in den 1930er-Jahren versucht hat, den Störsignalen im weltweiten Funkverkehr auf die Spur zu kommen – nur war es hier umgekehrt, hier wurden die kosmischen Radioquellen als die Störquellen betrachtet.

Die stärkste natürliche Störquelle ist der Erdboden, dessen Radiostrahlung aufgrund seiner Wärme möglichst nicht in den Empfangskopf gelangen soll. Die schwachen kosmischen Signale würden sonst im Strahlungssumpf des Erdbodens „absaufen“. Der Parabolspiegel verhindert hier durch seine Größe automatisch das Schlimmste, er schirmt die Erdstrahlung weitgehend ab. Der Empfangskegel des Empfangskopfes, der nach unten auf den Parabolspiegel gerichtet ist, muss aber dennoch gut auf den Parabolspiegel ausgerichtet sein und auf die Größe des Spiegels und den Abstand des Brennpunkts des Spiegels abgestimmt sein.

Physik der kosmischen Radiostrahlung

Der Radiobereich ist gegenüber dem lichtoptischen Bereich riesig – etwa 20 Oktaven. Das sichtbare Licht, der Wahrnehmungsbereich des menschlichen Auges, hat nur knapp 1 Oktave.

Bei den Ursachen der Entstehung von Radiostrahlung lassen sich grob 2 Fälle unterscheiden: thermische Strahlung (durch die Eigen­wärme) und nicht-thermische Strahlung, die nicht durch eine Temperatur gekenn­zeichnet werden kann.

  • thermische Strahlung: Erdboden, Häuser, Bäume, Personen (auch eine Hand im Strahlengang!), Sonne, Mond, Erdatmosphäre und Wolken. Thermische Radio­strah­lung ist genauer gesagt der Ausläufer der Wärmestrah­lung im Radiobereich, dieser zeigt dement­spre­chend ein kontinuierliches Spektrum.
  • nicht-thermische Strahlung: dazu gehören die 21 cm-Linienstrahlung des Wasserstoffatoms bzw. Molekülen aus der Milchstraße und die Synchrotronstrahlung von Jupiter, Milchstraße, Supernova-Überresten und aktiven schwarzen Löchern. Synchrotron­strah­lung zeigt ebenfalls ein kontinuierliches Spektrum. Ursa­che ist in allen Fällen sich schraubenlinien­för­mig bewegen­de geladene Teilchen entlang von Magnet­feldlinien.

Die 21 cm-Linienstrahlung lässt sich im Spektrum, das ein SDR-Empfänger liefert, als Zacke oder eine Zackengebirge sofort erkennen. Bei der kontinuierlichen Strahlung ist es etwas schwieriger. Sie macht sich nur durch eine Verschiebung des Spektrums nach oben bemerkbar. Hier braucht man immer mindestens eine Referenzmessung von einer benachbarten Himmelsstelle, um sagen zu können hier ist was oder hier ist nichts. Besser ist, man tastet gleich ein ganzes Himmelsgebiet ab, um dann hinterher die Position einer Kontinuumsquelle genauer lokalisieren zu können.

Ein gewisses Problem ist auch noch die Erdbewegung um die Sonne. Beobachtet man z.B. die Spektrallinien des Wasserstoffs bei 21 cm Wellenlänge verändert die Lage der Spektren im Lauf eines Jahres gewaltig. Sie werden durch den Doppler-Effekt hin- und herge­schoben, genau wie im optischen Bereich auch. Am stärksten ist die Verschiebung wenn man in die Richtung der Erdbe­we­gung schaut oder genau entgegengesetzt. Quer dazu verschwindet die Verschiebung. Um Spektren aus verschiedenen Richtungen bzw. aus verschiedenen Jahreszeiten vergleichen zu können, muss man eine „heliozentrische Korrektur“ anbringen, also sie so umrechnen, dass die Spektren so liegen, wie als würde man sie von der Sonne aus betrachten. Profiastronomen verwenden hier noch ein genaueres Konstrukt, nämlich den „local standard of rest“ (LSR). Hier ist die mittlere Bewegungsgeschwindigkeit der Sonne relativ zu den Nachbarsternen noch berücksichtigt.

Literatur und Links

  1. Leech, M.: A 21cm Radio Telescope for the Cost-Conscious  (enthält eine Bauanleitung für den Empfangskopf, hier auch „Dosenfeed“ genannt):
    http://www.sbrac.org/files/budget_radio_telescope.pdf)
  2. https://www.haystack.mit.edu/edu/undergrad/index.html
    (u.a. Interferometer mit einfachen SatTV-Spiegeln)
  3. http://www.g4ddk.com/ (VLNA=“very low noise amplifier“, rauscharmer Vorverstärker„G4DDK“)
  4. http://www.nooelec.com/ (VLNA, Nooelec „SAWbird+ H1t“)
  5. https://www.wimo.com/airspy-sdr-receiver-sdrsharp-software_d.html (SDR-Empfänger „Airspy“ mit USB, SDR= „software defined radio“)
  6. https://airspy.com/download/ (sdrsharp-Paket mit „Astrospy“-Software und „Zadig“-Treiber)
  7. https://de.mathworks.com/products/matlab-home.html (Mathematik-Software „Matlab home edition“)
  8. J.D.Kraus : Antennas, 2nd ed., McGraw-Hill 1997
  9. T.A.Milligan: Modern antenna design, 2nd ed., Wiley Interscience 2005
  10. Wilson, Rohlfs, Hüttemeister: Tools of Radio Astronomy, 6th ed., Springer 2013
  11. T.Lauterbach: Radioastronomie (essentials)
    Grundlagen, Technik und Beobachtungsmöglichkeiten kleiner Radioteleskope, Springer Spektrum, 2020
  12. Reich et al., Astron.&Astrophys. Suppl.Ser 83, 539 (1990): The Effelsberg 21cm radio continuum survey of the Galactic plane
  13. https://www3.mpifr-bonn.mpg.de/survey.html (21cm-Panoramabilder der Milchstraße vom Effelsberger 100m-Radiospiegel oder vom Stockert, ebenfalls in der Eifel)
  14. https://www.astro.uni-bonn.de/hisurvey/profile/index.php  (21cm-Linienprofile vom Argelander Institut)
  15. http://www.astro.uni-bonn.de/hisurvey/euhou/LAB_Acent.mpg (Frequenzscanvideo um die 21cm-Linie, LAB survey)
  16. https://www.youtube.com/watch?v=Rwoc02LRZOQ (eigenes Frequenzscan-Video, aufgenommen mit meinem robotischen Radioteleskop)
  17. https://www.youtube.com/results?search_query=johannes+ebersberger (weitere eigene radioastronomische „Kunstwerke“ als Videos)
  18. Bannore, Vivek: Iterative-Interpolation Super-Resolution Image Reconstruction (Studies in Computational Intelligence), Springer Berlin Heidelberg
  19. J.Ebersberger: „Vom Garten in die Galaxis“, SuW 9-2017, S.64ff
  20. J.Ebersberger: „Ein tiefer Blick in die Milchstraße“, SuW 5-2020, S.74ff
  21. Ebersberger, Johannes: „Superauflösung mit einem einzigen Radiospiegel ohne Interferometrie„, Regiomontanus-Bote 2021-01, S.7-9
  22. Ebersberger, Johannes: „Radioteleskop-Tuning: Super-Auflösung ohne Interferometrie mit 7 Messköpfen und digitaler Bildverarbeitung„, Regiomontanus-Bote 2022-02, S.5-8
  23. Ebersberger, Johannes: „Aktive Galaxienkerne„, Regiomontanus-Bote 2022-03, S.15-17
  24. http://www5.cs.fau.de/research/software/multi-frame-super-resolution-toolbox/index.html